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„Zu Hause im Wort“

Besondere Gedenkveranstaltung zum 15. Todesjahr von Valeria Koch

Ein schlanker bürgerlicher Kachelofen als Schmuck des Zimmers, darauf ein Thonet-Stuhl umgekehrt deponiert – „typisch Valeria Koch“ – heißt es im Kommentar von Dr. Maria Erb, Leiterin des Ungarndeutschen Forschungs- und Lehrerbildungszentrums an der Loránd-Eötvös-Universität Budapest. Vor zwei Jahren fand in diesem Raum an der ELTE schon eine Gedenkfeier zum Todestag von Claus Klotz statt, die in ihrer Gestaltung sehr ähnlich ablief. Der traurige Anlass für den Gedenknachmittag jetzt am 4. März – wie Dr. Maria Erb formulierte – war, dass sich am 28. Februar der Todestag der ungarndeutschen Dichterin Valeria Koch das 15. Mal jährte.
Unter den Gästen im überfüllten Saal, zu dem noch die Flügel der Tür des angeschlossenen Büros geöffnet werden mussten, waren Bekannte, Freunde und ehemalige Kollegen der Dichterin sowie SchülerInnen auch aus dem Valeria-Koch-Gymnasium in Fünfkirchen ebenso wie Germanistik-StudentInnen der ELTE. Für Letztere sei die Feier eine „ungewöhnliche Literaturstunde“, für Erstere eine Gedenkfeier, wie Dr. Erb in ihrer Einführung hervorhob.
Auf jeden Fall handelte es sich um eine besondere Feier, denn neben sorgfältig ausgewähltem Foto- und Dokumentationsmaterial wurden persönliche Erinnerungen über Valeria Koch erzählt, wodurch eine besondere Atmosphäre entstand.

„Jugend träumt Taten“

Maria Wolfart, eine sehr enge Freundin von Valeria Koch – noch aus ihren Gymnasialjahren – führte in die Familienverhältnisse der zweisprachigen Dichterin ein. Die sehr persönliche Erzählperspektive beschwor die Persönlichkeit von Valeria Koch herauf. Wie eigenwillig sie war, belegen auch Fotos aus ihrer Jugend: sie hat stets Hosen getragen (seinerzeit nicht so üblich), auf einem Bild sieht man sie in Flip Flops (den damals modischen vietnámi papucs) und im berühmten Orkán-Kabát (Orkanmantel), den sie in der beneidenswerten Farbe Olivgrün hatte! Auf die Frage, wieso Maria Wolfart und Valeria Koch befreundet waren, sagte die langjährige Freundin, dass das Offen-Sein für alles Wichtige im Leben sie verbunden hätte.
Walli – so nannten sie ja viele – hat sehr gern und gut fotografiert, es wurden beispielsweise ihre Aufnahmen von der Großmutter gezeigt. Eine Kornblume, von ihr gezeichnet, belegt eindeutig auch das zeichnerische Talent von Valeria Koch. Diese Zeichnung bewahrt Dr. Erb auf und nannte sie Sinnbild der Dichterin: eine Feld- und Wiesenblume, die einerseits den Ungarnbezug verkörpere – auch in der Mundartbezeichnung Pipotsch – und gleichzeitig die Freiheitsliebe darstelle. Schon ganz früh, in den Gymnasialjahren, spielten Klassiker wie Rilke und Trakl eine wichtige Rolle, die ungarische Übersetzung des Rilke-Gedichts „Der Panther“ legte Valeria Koch so einfach auf den Schreibtisch ihrer sehr geliebten Ungarischlehrerin. Beide Dichter wurden zum Thema ihrer Diplomarbeit an der Szegediner Uni, die von Prof. Halász mit Auszeichnung gelobt wurde. Zwei Jahrzehnte Übersetzungsseminare an der ELTE zeugen auch von ihrem Faible für die Übersetzung.

„Worte voll Zauber und Sinn“

Dass Valeria Koch mit Martin Heidegger in Briefwechsel stand, war auch eine Besonderheit, für ungarische Wissenschaftler, Philologen damals eher untypisch. Seine Schriften dienten als Grundlage ihrer im Fach Philosophie verfassten Dissertation. Über Valeria Kochs Zeit beim Wochenblatt der Ungarndeutschen „Neue Zeitung“ sprach Johann Schuth, Chefredakteur der NZ und erster Vorsitzender des Verbandes Ungarndeutscher Autoren und Künstler. Über ihre Arbeitsbeziehung hinaus verbanden Johann Schuth und Valeria Koch auch die Tätigkeiten innerhalb der 1972 gegründeten Literarischen Sektion und dem Nachfolgeverband, dem VUdAK. „Worte voll Zauber und Sinn“ war eine Initiative von Valeria Koch, Zeichnungen zu Texten ungarndeutscher Autoren und Dichter in der NZ zu veröffentlichen, die Zeichnungen wurden von Grundschülern angefertigt, und im Rahmen einer erfolgreichen Wanderausstellung hat das Material das ganze Land bereist. Seit 1977 werden jährlich die Werkstattgespräche organisiert, beim ersten habe – so Johann Schuth – Valeria Koch ihre Erzählung „Bekenntnisse eines Birkenbaumes“ mit in die Runde genommen und es habe sich eine rege Diskussion darüber entfacht, ob der zum Fällen verurteilte Baum nun im literarischen Text doch nicht eher gerettet werden sollte – was dann auch geschah.

„Transzendenz des Wortes“

In der Anthologie „Tiefe Wurzeln“ erlebte Valeria Koch ihre erste „Sternstunde“ – wie dann später János Szabó formulierte „Fixstern am ungarndeutschen Literaturhimmel“. Valeria Koch hat erst während ihrer Universitätsjahre die deutsche Sprache zur Sprache ihrer literarischen Texte gewählt, das Schreiben in Ungarisch begann bei ihr schon zur Gymnasialzeit. Konsequent hat sie beide Sprachen genutzt, aber nie Parallel-Übersetzungen veröffentlicht: In beiden Sprachen entstanden eigenständige literarische Texte.
1997 erhielt sie den Förderpreis des Literaturpreises der Donauschwäbischen Kulturstiftung des Landes Baden-Württemberg – erzählte Johann Schuth –, als sie schon mit ernsten gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. Auf dem Rückflug durfte sie in die Pilotenkabine, dieses Erlebnis war für sie von großer Bedeutung, da sie Fliegen liebte. Valeria Kochs präzise Arbeit an ihren Texten – so Schuth – sollte ruhig beispielgebend sein, manchmal hat es bis zur Vollendung eines Textes jahrelang gedauert. Beispielgebend sind auch die zarte Art ihrer oft philosophischen Texte und ihre natürliche Art „zu Hause zu sein im Wort“.

A. K.

NZ 10/2013
Fotos: Bajtai László