ZeiTräume – unterwegs VUdAK-Ausstellung in Budapest und Brüssel
Der Verband Ungarndeutscher Autoren und Künstler gastierte 2010 unter dem Motto „ZeiTräume” im Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm. (Vorher war eine kleinere Auswahl in der Kulturhauptstadt Europas, im Fünfkirchner lenau-Haus zu sehen.) Das war die erste Gesamtpräsentation des VUdAK, die bildende Kunst und Literatur einschloß und damit einen Überblick über das aktuelle künstlerische Schaffen der Ungarndeutschen gab.
Mit demselben Titel ist die Gemeinschaftsausstellung der VUdAK-Künstlersektion seit dem 2. Februar im Haus der Ungarndeutschen (Budapest VI., Lendvay u. 22) zu besichtigen. Etwa zwei Dutzend Teilnehmer verschiedener Generationen aus der Hauptstadt und vom Lande präsentieren ihre Werke, die sie in den letzten Jahren mit unterschiedlichen Themen, Grundmaterialien oder Techniken in verschiedenen Stilrichtungen geschaffen haben. Aus dem großen Triumvirat der Schorokscharer Meister ist der – leider – früh verstorbene Adam Misch nur mit einer lyrisch abstrakten Komposition anwesend. Josef Bartl malte 2005 sein „Gepunktetes Bild mit Grabholz” unter folkloristischen Einflüssen und in geometrischen Mustern. Vom vorigen Jahr stammt ein Werk von Antal Lux, bestehend aus zwei Großfotos: „Luminanz I.-II.” und ein eng dazugehörendes Non-Stop-Videoprogramm mit denselben Lichtern und Flammen, oft in kompliziert geteilten Bildschirmflächen.
Der promovierte Architekt Ákos Matzon zeigt auch diesmal das in monochromem Schwarz oder Weiß kontrastierende Bilderpaar „Gerte und Ring” (2010) in konstruktivistischer Formensprache ingenieurischer Rigorosität, dessen meist homogene Bildflächen durch in den minimalistischen Nischen versteckte Spiegelscheiben spielerisch aufgelöst sind. Durch rechteckige Motive äußert sich Beate Hajdú in ihren mehrfarbigen Textilplänen oder in dem gerahmten Draht und Stahlsplittern. Manfred Karsch versteckt kaum sichtbare Keil-Buchstaben in den kalten blaugrünen oder warmen erdbraunen Farbtönen („Zeichen I.-II.” und „Lichtblick”). István Damó operiert auch mit den handgeschriebenen oder gedruckten Textteilen in der visuellen Interpretation des literarischen Werkes des aus der Bukowina stammenden Schriftstellers Paul Celan „Todesfuge”. Die organische Abstraktion vereint mehr oder weniger solche Künstler wie z. B. János Wagner mit schwarz-weiß kontrastierenden, vehementen Farbflächen in „Sturzflut”, Volker Schwarz im vielfarbigen „Camaret sur Meer”, ebenso mit tachistischen Gesten malt László Hajdú seine Bildserie „Wasserflecken – Schwarzer Regen – Nächtlicher Regenbogen” oder György Jovián in seinem in fotografischen Rastern aufgelösten „Brachfeld I.-III.”. Noch lyrischer ist ein anderes Triptychon, das von Julius Frömmel „Der Wald erzählt”, und stilisierte Federn fliehen bei Géza Szily im „Hühnerhof”.
Mehr oder weniger realistisch geprägte Gegenstände oder Figuren tauchen bei Franz Hock mit dem verlassenen Traktor am Wirtshof, bei Zsuzsa Trieb mit den liegenden Mädchen- oder Burschenköpfen in der Landschaft („Winterschlaf I.-II.”), in den schwarz-weißen Fotomontagen von Erzsébet Lieber mit den antiken Symbolelementen Meer, Wolke und Muschel („Die Geburt der Venus I.-II.”), in der nostalgischen Zeitreise zurück in der Wandertheater-Periode von Robert König mit seinem schwarz-weißen Linoleumschnitt „Deutsche Bühne anno…” immer wieder auf. Wie gewohnt stilisiert László Heitler die klaren Farben und Linien der ungarndeutschen Bauernarchitektur im naiven Stil („Mein pannonisches Erbe”) und Jakob Forster verleiht seinen urbanischen Veduten in Mischtechnik („Rom, Forum Romanum”) impressionistische Leichtigkeit.
Die Abteilung der Bildhauerei ist ebenso gut besetzt. Franz Trischler bewahrt die naturalistischen Traditionen in seinem mit Liebe zu Details modellierten, aus Bronze gegossenen und danach patinierten „Harlekin”. In seiner kubistischen Kleinplastik-Serie „Gekämmte Landschaft” bringt Antal Dechandt meisterlich ausgearbeitete Holzintarsien zusammen. Tibor Budahelyi benutzt einerseits erodierte Metallstücke für seine rustikalen „Geschmiedete Formen I.-III.”, andererseits fühlt er sich auch in der Welt der Grundmaterialien aus Plastik wohl, wie die spielerisch-humoristische „Versuchung der Geometrie I.-III.” dokumentiert. Die „Kultischen Skulpturen” von Josef Kling – entweder aus Marmor oder Glas – geben uralten Idolen moderne Designlinien und können so frappante Effekte erreichen. Die Budapester Gruppenausstellung bleibt bis 1. März geöffnet.
Parallel zu dieser Veranstaltung wurde am 10. Februar eine Auswahl aus der Ulmer Ausstellung in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg in Brüssel eröffnet. Zu sehen sind Arbeiten von Josef Bartl, László Hajdú, Manfred Karsch, Robert König, Ákos Matzon, Adam Misch, Volker Schwarz und János Wagner. Kurator der Ausstellung ist Ákos Matzon, Vorsitzender der Sektion für Bildende Kunst des VUdAK. Diese Ausstellung unter dem gleichen Titel – ZeiTräume – gilt als kultureller Beitrag zur ungarischen EU-Ratspräsidentschaft und ist in Brüssel bis zum 11. März 2011 zu besichtigen.
István Wagner
Kunsthistoriker Tibor Wehner führte in die Ausstellung im Haus der Ungarndeutschen ein
Foto: Bajtai László