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Wenn Autoren auf Rezipienten treffen

Im März-Programm des Lenau-Hauses zu Fünfkirchen waren zwei Höhepunkte angekündigt, die das 25jährige Bestehen des Verbandes Ungarndeutscher Autoren und Künstler würdigen. Am 2. März fand die Vernissage der Gemeinschaftsausstellung der VUdAK-Künstlersektion statt. Bereits diese Veranstaltung war ein großer Erfolg. Zur Finissage wurde eine Lesung geplant, für die sich Mitglieder der VUdAK-Literatursektion angemeldet hatten: Christina Arnold, Robert Becker, Koloman Brenner, Angela Korb, Alfred Manz, Josef Michaelis, Csilla Susi Szabó und Monika Szeifert. Schon diese Ankündigung versprach ein besonderes Erlebnis im Verbandsleben zu werden.

Die Tatsache, dass so viele Literaten in Fünfkirchen zu Gast sind, nahm die engagierte Deutschlehrerin Adrienn Szigriszt-Brambauer zum Anlass, einen Projekttag im Valeria-Koch-Bildungszentrum zu organisieren. Die Vorbereitung des Workshops wurde zum kollektiven Anliegen aller Deutschlehrer der Bildungseinrichtung unter Einbeziehung der Kollegen des Leőwey-Gymnasiums. Der Projekttag erhielt seine theoretische Basis durch die fundierten Ausführungen von Dr. habil. András Balogh vom Lehrstuhl für deutschsprachige Literaturen am Germanistischen Institut der Eötvös-Loránd-Universität Budapest. Er referierte über Epochen und Generationen, Brüche und Kontinuitäten in der ungarndeutschen Literatur.

Es wurde das reinste Vergnügen, mit einer Gruppe Gleichgesinnter im Beisein des Autors den jeweiligen Text für den Unterricht aufzubereiten. Es ging nicht darum, jede Aufgabenstellung präzise zu formulieren, sondern die Intentionen aufzunehmen und die Potenzen aufzudecken, die dem jeweiligen literarischen Werk innewohnen. Die Praktiker waren glücklich über den Ideenaustausch, die Autoren staunten, was man mit ihren Texten alles machen kann, ohne ihn zu zerpflücken. Die Ideen von 25 Teilnehmern purzelten nur so. „Oh“, sagte eine Kollegin, „das macht solchen Spaß. Wenn ich daran denke, wie lange ich allein im stillen Kämmerlein über so einem Text grüble!“

Mit Angela Korb wählten wir die Methode des Vergleichs, um zur Aussage zu gelangen. Koloman Brenner riet zu einem anderen Text, weil er mittlerweile eine andere Haltung zu seinem vor vielen Jahren geschriebenen Werk hat und es möglicherweise heute ganz anders oder vielleicht auch gar nicht mehr schreiben würde. Das war ein interessanter Aspekt und allemal eine Diskussion wert sowohl unter den Schriftstellerkollegen als auch zwischen Autor und Rezipient.

Fazit dieser Workshop-Gespräche: Adrienn Szigriszt-Brambauer wird die Ergebnisse zusammen mit ihren Kollegen sichten und dann allen Beteiligten als Basis für die eigene Arbeit im Unterricht zukommen lassen. Hier wurde eine Möglichkeit geschaffen, eine Form von Unterrichtshilfen zu entwickeln, die über den engen Rahmen einer Schule hinaus allen Fachlehrern, die ungarndeutsche Literatur unterrichten, wirkungsvoll von Nutzen sein könnten.

GESTERN-HEUTE-MORGEN. Diese Zeiträume treffen nicht nur für das künstlerische Werk zu, sondern auch für den, der es aufnimmt. Das hier beschriebene Projekt wäre nicht komplett, wenn nicht auch noch die dritte Größe im Literaturunterricht einbezogen worden wäre, nämlich der Schüler. Es war deutlich zu spüren, dass alle Kollegen ihre Klassen auf den Besuch vorbereitet hatten. Das war zu sehen an Fotos an den Wänden, aber auch zu spüren an der Aufmerksamkeit der Schüler und natürlich auch an den Fragen, die sie stellten. Die Schüler wollten wissen, welche Themen der jeweilige Schriftsteller wählt, wann und unter welchen Umständen er schreibt und warum überhaupt! Auch die Autoren hatten sich gewissenhaft und schülerbezogen vorbereitet, stellten sich selbst vor und erleichterten durch eine anschauliche Präsentation das Verstehen. Christina Arnold hatte ihre Zettelsammlung mit Stichworten dabei. Sie erklärte den aufmerksamen Zuhörern auch nachvollziehbar, dass dasselbe ausgewählte Thema an einem regnerischen, lustlos angegangenen Montag anders ausfällt als an einem sonnigen Freitag, der schon das freie Wochenende ahnen lässt. Csilla Susi Szabó stellte sich und ihre ausgewählten Werke mithilfe einer Powerpoint-Präsentation vor. Alfred Manz gelang es erfolgreich, die Schüler zu lockern und ihr Interesse an den Texten zu wecken.

Ibolya Englender-Hock, die Direktorin dieser Bildungseinrichtung, freute sich über die Resonanz und nannte die Gespräche bzw. den Gedankenaustausch zwischen Autoren und Literaturvermittlern eine gegenseitige Bereicherung.

Zur Erinnerung an diesen Tag durfte sich jeder Teilnehmer ein schmuckes Kärtchen ziehen. Jedes enthielt ein Zitat von Valeria Koch, der Namenspatronin dieses Bildungszentrums. Auf meinem steht: „Die Literatur / ist verdichtete Welt. / Ist daher die Welt / ein schmales Stück / Poesie? (1994)

Direkt im Anschluss fand die Finissage der Gemeinschaftsausstellung der VUdAK-Künstlersektion im Lenau-Haus statt, zu der die AutorInnen der Literatursektion für eine Lesung erwartet wurden. Volles Haus und gerade noch ausreichender Tisch für die Autoren!

Frau Dr. Ingeborg Szöllösi, Südosteuropa-Referentin des Deutschen Kulturforums östliches Europa (Potsdam), schwärmte von ihren Eindrücken des Projekttages. Auffallend war, dass sich die Literatursektion sehr jugendlich präsentierte – was das Alter und auch was die Auswahl der Werke betraf. Selbst die Frauenquote stimmte. Die vorgetragenen Texte boten eine große Bandbreite und fanden große Zustimmung beim Publikum. Der Kinderchor des Valeria-Koch-Schulzentrums unter der bewährten Leitung von Edit Halmi präsentierte sich beeindruckend stark. Mit ihren glockenreinen Stimmen, mit ihrem kecken Auftreten sangen die Mädchen eine Reihe von Liedern auf Deutsch ohne jegliches Text-bzw. Notenblatt.

Ute Lambrecht



NZ 13/2017