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Valeria-Koch-Gedenktag in Surgetin – Sie zu behalten ist unsere Verantwortung

An ihrem Geburtstag, dem 22. April (Sonntag), hat man in ihrem Branauer Heimatdorf Surgetin/Szederkény der im Jahre 1998 allzu früh, im Alter von nur 49 Jahren verstorbenen ungarndeutschen Schriftstellerin Valeria Koch gedacht. Zur Feierstunde versammelten sich vor dem elterlichen Geburtshaus an die 60 Leute, um am Programm, das der Surgetiner Chor „Intermelodie” mitgestaltet hat, teilzunehmen. Gewürdigt haben das Schaffen von Valeria Koch der Surgetiner Bürgermeister Johann Hergenröder, im Namen des Verbandes Ungarndeutscher Autoren und Künstler sprach der Vorsitzende der Sektion Literatur, Robert Becker, und auch der Vorsitzende vom örtlichen Heimatkundeverein, Zoltán Hajdu, rief dazu auf, Valeria Koch, die dem Dorf Surgetin viel Ruhm gebracht hat, stets würdig in Erinnerung zu behalten. Schüler haben Gedichte von der Autorin rezitiert und die Nichte von Valeria Koch, Bernadett Zugfil, las einen Ausschnitt aus dem Buch „Der Prinz und die Rose”.
An der Gedenktafel am Geburtshaus von Valeria Koch legten der Direktor des Fünfkirchner Valeria-Koch-Schulzentrums, Dr. Gábor Frank, im Namen der Gemeinde Bürgermeister Hergenröder und Josef Szugfil, der Vorsitzende des Verbandes Branauer Deutscher Selbstverwaltungen, Kränze nieder. Die Feierstunde war würdig – aber es stellt sich trotzdem die Frage: Auf welche Weise soll man einer Schriftstellerin gedenken, die es als zartes Wesen mit jeder Härte der sie umgebenden Welt aufnahm – und uns ein literarisch qualitativ hochwertiges Werk hinterließ?
Valeria Koch hat es auf sich genommen, sich gleich zwei Sprachen zu verpflichten. Und wenn Rilke gesagt hat, „Die ganze Sprache sei verbraucht”, so war ihre Antwort etwas zynisch und etwas trotzig in ihrem Gedicht „Sprach-Los”: „Ich sammle
Gebrauchtwaren”.
Ja, sie hat es verstanden, aus einfachen Worten, die man aneinanderreiht, etwas mehr zu machen. Sie mit Bedeutung, Aussagekraft, mit Rhythmus und Harmonie zu füllen. Wenn man die Zeilen liest, hat man das Gefühl von spielerischer Leichtigkeit. Von Ernsthaftigkeit, die flott herüberströmt – in einer Sprache, die schlicht ist, ungekünstelt – und sehr einprägsam.
Man sollte aber ja nicht denken, daß Schriftsteller es leicht hätten! Um jedes Wort muß man ringen. Auch wenn es flott aufs Papier gebracht wird, hat das Gefühl, der Gedanke in einem einen langen Weg zurückgelegt. Ein Prozeß, der nicht ohne Spannung vor sich geht. Da braucht man viel Kraft – wie sie Valeria Koch bis zu Schluß besaß.
Sie hat sich nicht gescheut (anders hätte sie es auch nicht gekonnt), ihre Überzeugungen auszusprechen, selbst wenn sie solche Tabus berührt hat, die die meisten in ihrer Umgebung gescheut haben.
Die „Fränkin” schrieb:
„Ungarndeutsch
ist das Maß
des tüchtigen Aussterbens.”
Ziemlich schmerzhaft muß es für sie gewesen sein zu spüren, wie wenig Aufmerksamkeit ihre im Ausland oft hochgelobten und anerkannten Gedichte in ihrer eigenen, sehr geliebten Volksgruppe geerntet haben.
Literatur verstehen oder nicht zu verstehen hängt nicht nur davon ab, ob ein Schriftsteller, eine Dichterin klar genug spricht. Um an die Impulse heranzukommen, muß man sich selber öffnen. Man muß das Gedicht für sich gewinnen, man soll es auf sich wirken lassen, ohne sich krampfhaft zu bemühen, es verstehen zu wollen. Ein gutes Gedicht ist sowieso ein Geheimnis. Und Valeria Koch verstand es unter allen ungarndeutschen Gegenwartsautoren am meisten, mit diesem Geheimnis umzugehen.
Die ganze Welt zu lieben, auch wenn man oft mit allem und mit jedem hadert, verstand sie gut. Auch wenn sie über die Liebe wußte, man wird „verletzt zuletzt” – Valeria Koch war bereit, die ganze Welt zu umarmen, ihre Lasten auf sich zu nehmen – auch wenn diese sie zum Schluß erdrückt haben… Sie selbst hinterließ dabei aber nicht zu übersehende, bleibende Spuren bei uns – und es ist meine Überzeugung: auch in uns nachfolgenden Generationen, die sie noch mehr als wir schätzen werden.
Bereits 1976 schrieb sie in ihrem Gedicht „Geburtstag”:
„Nicht nur du wächst
auch der Tod in dir” – oder sie schrieb 1974 „In memoriam:
Valeria Koch,
die es hätte geben können.”
Nun, Valeria Koch hat es geben können. Wir müssen es nur für uns nehmen und annehmen. Und ob es Valeria Koch gegeben hat (gemäß der anderen Möglichkeit die Bedeutung dieses Gedichtes auszulegen), das liegt auch an uns: Sie zu behalten, ist unsere Verantwortung!

R. B.

NZ 17/2007

 

Die Teilnehmer am Gedenktag in Surgetin