Um kein „Stiefkind“ zu werden Kinderliteraturkonferenz an ELTE TÓK
Nach einer gelungenen Konferenz im letzten Jahr lud die Fakultät für Erzieher- und Grundschullehrerbildung der Loránd-Eötvös-Universität (ELTE TÓK) erneut zu der Konferenz im Thema „Ungarndeutsche Nationalitätenkinderliteratur“ ein.
Zwei Workshops – die parallel stattfanden – boten den Auftakt zu den anschließend folgenden Vorträgen: Dr. Eszter Propszt (Universität Szegedin, Erziehungswissenschaftliche Fakultät Gyula Juhász) gewährte einen Einblick mit dem Schwerpunkt Schwierigkeiten, mit denen die schulische Vermittlung der ungarndeutschen Literatur verbunden ist. Maria Frey (Valeria-Koch-Schulzentrum, Fünfkirchen) stellte das Literaturprojekt „Das Puzzle: Ungarndeutscher Autor“ vor, dessen Ziel es auch ist, Schulkindern ungarndeutsche Literatur näher zu bringen und „schmackhaft“ zu machen.
Organisatorin Dr. Éva Márkus gelang es mit dieser Thematik auch diesmal, dem einschlägigen Bedarf der Kindergartenpädagoginnen und GrundschullehrerInnen mit Handreichungen an ungarndeutschen Inhalten entgegenzukommen. Mundart, Musik, Reime und Kinderlieder im Unterricht, praktische Tipps zur Erstellung von Arbeitsmaterialien zu Texten von ungarndeutschen Autoren gehörten zum Angebot der gelungenen Konferenz. Erfahrungsaustausch und Gespräche standen für die TeilnehmerInnen in den Pausen im Raum, auch jüngste Ausgaben und Lehrmaterialien – vom Förderverein für Kindergärten und Schulen von Maria Lang angeboten – standen zur Verfügung.
Im Vortrag von Dr. Katalin Lázár (Musikwissenschaftliches Institut an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Budapest) ging es um einen systematischen Vergleich von Texten ungarischer und ungarndeutscher Kinderreime, Volksspiele und Brauchlieder der Kinder. Dr. Lázár berichtete auch über eine prosperierende Zusammenarbeit mit Dr. Éva Márkus – um die Vergleiche unternehmen zu können –, woraus demnächst ein Band entstehen soll. Außerdem rief die Referentin dazu auf, mittels Einsendungen an das Musikwissenschaftliche Institut das Material durch in der Kindheit gehörte Texte zu erweitern. Sie betonte, dass Kinderspiele und -reime auch in unserer Zeit keineswegs an Aktualität verloren hätten und dadurch zahlreiche Fertigkeiten vermittelt würden.
Dr. Márta Juhász (Pázmány Péter Katholische Universität, Philosophische Fakultät, Gran) stellte Möglichkeiten zur Bearbeitung eines Mundartmärchens vor und ermutigte die PädagogInnen, Mundartkenntnisse auch durch Einbeziehung Dritter oder eben durch Mundartaufnahmen zu vermitteln. Die Pflege örtlicher Mundarten steht auch im Lehrplan, außerdem würden durch die Mundartkenntnisse sprachliche, kognitive und soziale Fähigkeiten entwickelt. Aus der Mundartmärchensammlung „Reigöd vum Weidepam“ der Neue-Zeitung-Stiftung wurden anhand eines Märchens exemplarische Beispiele der Verwendung von Mundarttexten im Unterricht erhellt.
Als Höhepunkt der Konferenz fand eine Lesung und ein Gespräch mit Josef Michaelis statt, moderiert von Dr. Gizella Balogh-Nagy. Dabei wurde die Werkstattarbeit, das Entstehen von Texten und die persönliche Motivation des Schreibens in deutscher Sprache des Autors beleuchtet. Der Schriftsteller betonte, wie wichtig es für Kinder sei, Autoren hautnah kennen zu lernen und im Rahmen von Autorenlesungen zu erleben, und lieferte auch praktische Tipps für einen lebendigen Literaturunterricht. Seine Devise heiße, auch das Kind selbst erleben und machen zu lassen, denn die Kinder würden sich in einem Text selbst suchen. Er begrüßte die Initiative der Literaturkonferenz, denn es sei wichtig, die Mundart nicht als „Stiefkind“ zu behandeln. Gefördert wurde die inhaltsreiche Konferenz durch den Nationalen Kulturfonds (NKA).
A. K.
Mitschnitt des Gesprächs von Josef Michaelis und Dr. Gizella Balogh-Nagy
NZ 13/2016