„Seitensprünge” in Brüssel Von der Schnapsidee zum europäischen Literaturprojekt
Peter Guba las das Grußwort von Karl Manherz vor |
In den imposanten Räum- lichkeiten der Gemeinsamen Vertretung der Europaregion Tirol – Südtirol/Alto Adige – Trentino bei der Europäi- schen Union in Brüssel fand am 24. März die Präsentation der Anthologie „Seitensprün- ge” statt. Wie der Minister- präsident der Deutschspra- chigen Gemeinschaft Belgi- ens, Karl-Heinz Lambertz, erklärte, war das literarische Projekt wortwörtlich eine Schnapsidee, die zum 25jähri- gen Jubiläum der Regierungs- bildung der Deutschsprachi- gen Gemeinschaft mit zwei Partnern innerhalb eines halben Jahres realisiert wurde. Ein wahrlich europäi- sches Literaturprojekt der deutschsprachigen Minder- heit aus Ostbelgien, Südtirol und Ungarn. „Über dieses Projekt können sich alle sehr freuen, die etwas mit der deutschen Sprache zu tun haben”, sagte Lambertz. Dr. Georg Mühlberger, Stellvertretender Vorsitzender des Südtiroler Kulturinstituts, sprach auch seinen Glückwunsch aus und lobte die bedacht getroffene Auswahl der Texte. Die Grußworte von Dr. Karl Manherz, Staatssekretär für Hochschulwesen und Wissenschaft Ungarns, übermittelte Péter Guba, 1. Sekretär der Ungarischen Botschaft (Brüssel).
Prof. Dr. Manfred Peters, der Herausgeber der Anthologie und ehemalige Dekan der Universität Namur, wies auf die unterschiedlichen Rahmenbedingungen der ausgewählten Regionalliteraturen hin und charakterisierte das Buch als die Summe der persönlichen und kollektiven Erfahrung von 30 AutorInnen der drei Länder. Mit dem Begriff Regionalliteratur meine Peters nicht Heimat-, Marginalliteratur oder Regionalismus, es sei auch kein Werturteil. Die Anthologie „Seitensprünge” „ist ein Abbild der kulturellen Lage in einem begrenzten Raum und begrenzter Zeitspanne”. Peters ließ das Publikum in das Handwerkliche blicken und schilderte den Prozeß der Auswahl der Texte. Er erläuterte mit vielen Textauszügen die Thematik der Anthologie. Vor der Diskussion bekam das Publikum einen Einblick in die Sprachenpolitik der Europäischen Union. Johan Hägmann vom Kabinett des Europäischen Kommissars für Mehrsprachigkeit wies in seiner Abhandlung auf die Vorteile der Zwei- oder Mehrsprachigkeit hin, die in diesen Regionen als natürliche Gegebenheit vorliegt. Hägmann erklärte, obwohl die Sprachenpolitik Kompetenz des jeweiligen Mitgliedsstaates sei, trage die EU durch Strategien – wie z. B. lifelong learning – dazu bei, den Spracherwerb zu fördern.
Viele Fragen wurden zum Projekt gestellt, u. a. auch bezüglich der ausgewählten Länder versus die ausgewählten deutschsprachigen Literaturen. Peters erklärte, daß die Zeit zu kurz gewesen wäre, um ein ausgeprägteres, nuancierteres Bild mit Literaten aus anderen Ländern zu liefern, dies könne beim nächsten Projekt mit erweiterter Sichtweise und mehr Beteiligten realisiert werden.
Bei der Anthologie „Seitensprünge” ist eine klare Thematik mit der Vielfalt in der Einheit zu verzeichnen, die als europäisches Literaturprojekt ganz bestimmt zur Positionierung der deutschsprachigen Regionalliteratur aus nichtdeutschsprachigen Ländern beiträgt. Ungarischerseits waren Krisztina Reményi vom Brüsseler Ungarischen Kulturinstitut und Botschafter Zoltán Hernyes bei der Buchpräsentation. Von den 30 im Band vertretenen AutorInnen bedankte sich Angela Korb im Namen des Verbandes Ungarndeutscher Autoren und Künstler (VUdAK) für die Beteiligung am Projekt.
A. K.