Ugrás a tartalomhoz

Sehnlichst erwartet

Koloman Brenner gehört wohl nicht mehr zu der jüngsten Generation ungarndeutscher Autoren. Diese Feststellung bezieht sich nicht unbedingt auf sein Alter, sondern auf die Tatsache, daß er nunmehr seit Jahren in der ungarndeutschen Literatur präsent ist. Seinen ersten Gedichtband* hat die Leserschaft sehnlichst erwartet, er enthält sämtliche Früchte seiner dichterischen Laufbahn. Der Gedichtband besteht aus drei Zyklen, drei Themenkreisen – „Beheimatet”, „Spür-Sinn” und „Antasten” -, die den Autor wohl am meisten beschäftigen. Koloman Brenner ist offensichtlich und in Anbetracht seiner Wurzeln selbstverständlich in den Traditionen der ungarndeutschen Literatur „beheimatet”. Als Mitglied der Nachfolgegeneration nach Josef Mikonya, Josef Michaelis, Engelbert Rittinger u. a. thematisiert Brenner in den Gedichten wie „Volksmärchen” und „Ungarndeutsch” die Probleme des Ungarndeutschtums, die Angst um die Muttersprache, die Assimilationsschwierigkeiten. Immer wiederkehrende Angst des Dichters ist dabei, daß selbst der Himmel über Deutschen und Ungarn bzw. Ungarndeutschen geteilt ist und der Prozeß des „tüchtigen Aussterbens” vorprogrammiert zu sein scheint.
Der Zyklus „Spür-Sinn” führt in das Innenleben einer dichterischen Präsenz: Einsamkeit, Probleme des Daseins in Raum und Zeit, Schuld, Sünde, Leiden – das sind die Themen, die im Falterleben des Dichters tröpfeln. In rauhreiflangen Momenten konfrontiert sich der Dichter dabei mit der menschlichen Existenz und deren Folgeerscheinungen.
Im Zyklus „Antasten” werden intime, hautnahe Momente heraufbeschworen. Frauengestalten der Vergangenheit schweben durch die Reime. Die intertextuellen und manchmal die selbstreferierenden Bezüge lassen erkennen, daß das Wunderbare und das Schmerzvolle sich in ewigen Kreisen wiederholen. Der Dichter bekennt sich auch im modernen Zeitalter zu den verdeckten Gefühlen. Denn die menschlichen Beziehungen bergen immer das Jammertal in sich. Die versäumten Entscheidungen quälen einen ja lebenslang, wonach die Tage wieder vorbeiblubbern.
Koloman Brenners Gedichtband war ein schwieriges Unterfangen, denn er mußte darin die Erträge vieler schöpferischer Jahre zusammenfassen. Die Ernte ist somit zuerst einmal vollbracht – bis dann wieder Früchte heranreifen.

Karl B. Szabó

*Koloman Brenner: Sehnlichst
VUdAK, Budapest 2007, S. 68

NZ 16/2007