Österreichisch-ungarische Wanderausstellung Zeitgenössische Kunst aus Budapester Sammlung
Der promovierte Ökonom Péter Szép hat in mehreren Geldinstituten gearbeitet und ganz „nebenbei” Kunstwerke gesammelt. Alles begann mit orientalischen Teppichen. Schon in den Studentenjahren kaufte er sein erstes – im Volksmund als „persisch” bezeichnetes – Stück aus dem 19. Jahrhundert. Danach fand er zufällig bei einer Versteigerung dessen Paar-Exemplar, das er aufgrund der gleichen Muster identifizieren und auch sofort kaufen konnte. Später, als Stipendiat in Würzburg, besuchte er schon bewußt und regelmäßig die seriöse Sammlung eines Kunsthändlers und hat vieles gelernt. Als Autodidakt spezialisierte er sich besonders auf Teppiche aus der Türkei und aus den kaukasischen Gebieten.
Der Wendepunkt kam mit der Eheschließung, als das junge Paar als Hochzeitsgeschenk ein kleineres Werk des jungen Malers Attila Szûcs bekam. Seitdem sammelt er zusammen mit seiner Frau besonders zeitgenössische ungarische Bilder, und inzwischen haben sie auch mehrere persönliche Kontakte zu Künstlern geknüpft. Wie er selbst formulierte, steht ihnen Josef Bartl ganz nahe, nicht nur wegen seiner stilisierten Kopf-Motive, sondern auch wegen seines „Großpapaalters”. Von ihm besitzt er mehrere Ölbilder auf Leinwand: die Ikone V. (1980), Kopf mit Kreuzen (1981), Köpfe und Formen (1989) sowie Waagerecht in einer Linie (1985) auf Holzplatten. Die Ehepaar hat auch István Nadler in seinem Atelier besucht und eine Reihe der Acryl-Malereien aus den achtziger Jahren gekauft: das monumentale System in zwei Schichten (1981) ist noch geometrisch abstrakt, der Herbst II. oder Naturell (beide 1983) dagegen sind organisch stilisiert und mit pastellfeinen Farbtönen gemalt. Der in Schweizer Emigration gestorbene ungarische Künstler Krisztián Frey abstrahiert geschriebene oder gedruckte Buchstaben in seinen Kompositionen, so in Selbstoffenbarung – Tagebuch (1992), Mischtechnik auf Papier, und dem Sich-Verstecken – Unentziffbare Wörter (ohne Datierung), Öl auf Karton. Dazu kamen noch Werke von Mihály Schéner: Florescata buffata (2000), Öl auf Holzfaserplatte, mit Karnevalsfiguren und Faschingsmasken, oder streng konstruktivistische Farbsiebdrucke von Rita Ernst: Matteo I. und II. (1993) usw.
In den letzten zwei Jahren besucht das Ehepaar regelmäßig auch in Wien Galerien und Auktionen. So konnten sie ihre bisherige ungarische zeitgenössische Kollektion auch mit Werken einiger österreichischer Künstler bereichern. Die großformatige Arbeit von Franz Grabmayr Tanz (1975), Stoffarbe auf Molino, mit der dynamischen, aber gleichzeitig fehlerhaften Darstellung zweier riesiger Gestalten wirkt fast expressionistisch. Die visuelle Welt von Hans Staudacher ist mit Krisztián Frey ganz eng verwandt: die gemischten Techniken auf Leinwand „Ohne Titel” (datiert 1979 oder 1988) zeigen auf hellem Fond elegante, dunkle Kalligrafien. Der europaweit berühmte Repräsentant des Wiener Aktionismus, Hermann Nitsch, ist auch ungarischen Kunstfreunden wegen seiner Budapester Einzelausstellungen wohlbekannt. Péter Szép besitzt von ihm eine kleine Leinwand „Ohne Titel” (1990), wo die warmen Bordeauxtöne mit den kalten blaugrünen Flecken kontrastieren. Günther Damisch ist Spezialist der sogenannten „heftigen Malerei”: die Köpflerverdichtung (1995) scheint eher eine Untermeereswelt zu sein, das Nachtflämmlerlicht (1999 – 2000) ist auch mit dicker, unebener Farbauftragung gemalt und der kunterbunte Blaufeldflämmlersturm (2006) ähnelt einer blumenbedeckten Wiese.
Die Österreichisch-Ungarische Zeitgenössische Wanderausstellung hatte ihre Premiere bis Ende Januar – ganz passend – im Wiener Collegium Hungaricum, bis 29. März gastiert sie jetzt in Stuhlweißenburg (Csók István Képtár – Székesfehérvár), vom 3. April wird sie im Ungarischen Kulturinstitut in Stuttgart gezeigt.
István Wagner
Josef Bartl, Kopf mit Kreuzen, 50×40, Öl, Leinwand, 1981 | Josef Bartl, Ikone V., 50×40, Öl, Leinwand, 1980 |