Ugrás a tartalomhoz

„I pin a Schwob” – der Mundartist und Internationalist Nikolaus Márnai

„Für Literatur interessieren sich die Menschen nicht so sehr”, stellte Dr. Nelu Bradean-Ebinger fest, bevor er am 26. September mit seinem Vortrag über den „Niklasvetter” begann, denn es fehlte an Zuhörerschaft im Veranstaltungssaal des Hauses. Der stellvertretende Vorsitzende der Jakob-Bleyer-Gemeinschaft, der zum dritten Mal ein literarisches Thema ins Programm der Reihe „Ungarndeutsche Persönlichkeiten” brachte, setzte den Schwerpunkt nicht auf den Lebenslauf und Werdegang des Dichters und Erzählers Nikolaus Márnai (1914 – 2001), den er noch persönlich kannte, sondern auf dessen Schaffen als Mundartautor. Márnai war ein sehr vielgereister Mann: Als Student lernte er Paris und Heidelberg kennen, er kam als Soldat an die Ostfront, als UNESCO-Vertreter Ungarns reiste er durch Afrika und Asien. Diese Reisen mögen damals noch exotischer gewirkt haben als heute, doch blieb der ursprüngliche Gymnasiallehrer seiner Heimat treu, ebenso wie er seiner Sprache treu war. Wahrscheinlich aus diesem Grunde hob Bradean-Ebinger den Hang zum eigenen Dialekt in seinem Porträt über Márnai hervor. „Er schrieb grundsätzlich und ausnahmslos in der Mundart, zu Zeiten, in denen es noch nicht gerne gesehen war bzw. gerade in Mode kam”, diese Feststellung des Vortragenden bewiesen mehrere Zitate aus Márnais Dichtungen, die eine Art „ars poetica” des alten Meisters enthalten, der erst nach seiner Pensionierung mit der Niederschrift seiner Werke angefangen hat.
Außer pathetischen Inhalten der Heimatliebe und der Nachkriegszeit erhielt das inzwischen doch eingetroffene Publikum eine Kostprobe des einfachen und pfiffig-heiteren Humors des Volkes. Bradean-Ebinger versuchte die Geschichten „des alten Vettr mit der jungen Magd” in der ursprünglichen Dialektform wiederzugeben, während er die eigentümliche dialektale Vielfalt der „ungarndeutschen Sprache” und die daraus entstehenden Schwierigkeiten in der Praxis zeigen konnte. Darüber hinaus bot er noch eine kleine Zugabe aus seinem eigenen Dialekt: Er rezitierte einige selbstverfaßte Gedichte aus dem Sammelband, in dem auch der „Niklasvetter” seine zahlreichen Dichtungen veröffentlicht hatte. Die Anwesenden hatten auch die Möglichkeit, diese Ausgaben als Ansichtsexemplare durchzublättern: Sammlungen, Anthologien der Mundartdichtung bzw. Márnais Werke mit unterschiedlichem Erscheinungsjahr.
Und wie konnte Márnai, einer der produktivsten Mundartautoren, behaupten, er sei ein echter Schwabe, jedoch ein Internationalist? Dazu sollte man nochmals das im Vortrag zitierte Vorwort Bradean-Ebingers in die Hand nehmen, das er zum vierten Literarischen Rundbrief über das Werk Márnais geschrieben hat.
Das Bekenntnis zu einer Volksgruppe schließt die fleißige und stete Tätigkeit im Interesse einer größeren Gemeinschaft, eines Landes, nicht aus, wie es das Beispiel vom Leben des Márnai zeigt. Das lustige Schwabenlied möchte wohl alle Menschen der Welt zum Tanzen ermuntern.
M. V.

NZ 2007/41

 

Nikolaus Márnai (rechts im Bild) und Nelu Bradean-Ebinger (dritter von links)
beim Literaturseminar 1987 in Harkány