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„Gemeinschaft in europäischem Maßstab gestiftet“

Esslingener KünstlerGilde feiert 65. Geburtstag

Die Esslingener KünstlerGilde: eine Kunstgesellschaft mit Tradition. Betonten doch die Festredner der Feierstunde die Besonderheit des beachtlichen Geburtstages im Falle einer Kunst- bzw. Künstlergemeinschaft, da künstlerisches Schaffen ja individuell erfolgt und somit nicht verbindlich an eine Gemeinschaft geknüpft ist. Diese Tatsache steuert nur dem Mehrwert des beträchtlichen Alters des Geburtstagskindes bei.
Gegründet als Selbsthilfeverband für vertriebene, geflüchtete und ausgewanderte KünstlerInnen aller Sparten aus den historischen deutschen Siedlungsgebieten Mittel-, Ost- und Südosteuropas, ist die KünstlerGilde heute ein renommierter Verein mit knapp 400 Mitgliedern aus Deutschland und dem Ausland. Ein Hauptaugenmerk richtet der Verein auf die deutschen Kunst- und Kulturleistungen im Ost-West-Kontext und pflegt wichtige Kontakte mit diesen Gebieten. Bedeutend und international anerkannt sind die durch die KünstlerGilde Esslingen verliehenen Kunstpreise: der Andreas-Gryphius-Preis für Literatur, der Lenau-Preis für Lyrik, der Johann-Wenzel-Stamitz-Preis für Musik, der Lovis-Corinth-Preis für bildende Kunst.

„Leuchttürme“

Als Auftakt des feierlichen Jubiläums, des 65. Geburtstages, fand am 24. Mai die Vernissage der Ausstellung „Wir sind hier“ der Mitglieder der Fachgruppe Bildende Kunst im Alten Rathaus zu Esslingen statt. „Eine große Vielfalt“ widerspiegele sich in den „Objekten und Gemälden“ der Werkschau, betonte Vorsitzender Dr. Wolfgang Schulz in seiner Eröffnungsrede. Aphorismen über Kunst und Künstler sowie einige „Leuchttürme“ der Ausstellung stellte Schulz vor. Da zwanzig bildende KünstlerInnen anwesend waren, entwickelten sich anschließend angeregte Gespräche zwischen ihnen und den zahlreich erschienenen Vernissagegästen. Zwei bildende Künstler aus Ungarn, Manfred Karsch (Hanselbek) und Ákos Matzon (Schaumar), beide Mitglieder der Esslingener KünstlerGilde und von VUdAK, sind in der Ausstellung durch je ein Werk vertreten. Schlaglichtartig sollen noch Udo Beylich (Maler und Zeichner aus Dessau, lebt in Tübingen), Peter Dorn (Maler, Grafiker, Objektkünstler aus Aussig, lebt in Regensburg), Gert Fabritius (Maler, Grafiker aus Bukarest, lebt in Stuttgart), Heidrun Füssenhäuser (Malerin aus Cham, lebt in Esslingen), Hansjürgen Gartner (Maler, Objektkünstler aus Böhmen, lebt in Augsburg), Alexander Jonischkies (Bildhauer, Objektkünstler aus Memel, lebt in Hannover), Brigitte Körber (Malerin aus Berlin), Ernst Krebs (Glaskünstler aus Mähren, lebt in München), Christine Pallos (Malerin und Fotokünstlerin aus Klausenburg, lebt in Stuttgart), Jutta Pallos-Schönauer (Malerin und Zeichnerin aus Sächsich-Regen, lebt in Stuttgart) unbedingt genannt werden.

„Brückenbauer“

65 Jahre Geschichte der KünstlerGilde Esslingen fasste Bundesvorsitzender Prof. Dr. Wolfgang Schulz beim Festakt am 25. Mai zusammen. Trotz vollständiger Streichung der Finanzierung der Künstlervereinigung von staatlicher Seite im Jahre 2000, wird die Arbeit weitergeführt, auf ehrenamtlicher Basis, durch Projektfinanzierung. Die Bilanz sei positiv, man blicke mit Optimismus in die Zukunft. Der Gildenmeister hob die Wichtigkeit der Kontakte in den europäischen Osten hervor, die auch Fortbestand in der Zukunft haben würden. Ein intensiver Blickkontakt richte sich nun nach Ungarn, denn für den Oktober sei eine Ausstellung der Esslingener KünstlerGilde im Budapester Haus der Ungarndeutschen geplant, die Werkschau soll auch nach Fünfkirchen, ans Lenau-Haus weitergereicht werden.
Eine dreiköpfige Delegation des Verbandes Ungarndeutscher Autoren und Künstler – Ákos Matzon, Vorsitzender der Sektion für bildende Kunst, der Autor Josef Michaelis, ebenfalls KünstlerGilde-Mitglied, und Autorin Angela Korb – durfte die Glückwünsche des VUdAK an das Geburtstagskind übermitteln. Eine Ehrengabe des VUdAK – eine Jubiläumsmappe mit einer Grafik Robert Königs an verdiente Personen und Förderer (anlässlich des 20-jährigen VUdAK-Jubiläums letztes Jahr) – erhielten Samuel Beer, ehemaliger Geschäftsführer des KünstlerGilde, Hans Peter Künzel, ehemaliger Vorsitzender der KünstlerGilde, und Dr. Wolfgang Schulz, derzeitiger Vorsitzender der KünstlerGilde. Denn „bei der Gründung unseres Verbandes im Jahre 1992 stand eigentlich die KünstlerGilde Pate“ – formulierte der 1. Vorsitzende von VUdAK Johann Schuth in seinem Grußschreiben. „Wir möchten uns bei allen bedanken, die an diesem Austausch beteiligt waren und diesen im vereinigten Europa für besonders wichtig halten.“

Kunst als Impuls um Gemeinschaft zu stiften sei das große Verdienst der KünstlerGilde, betonte Wolfgang Dexler, Landtagsvizepräsident, in seinem Grußwort. Der Austausch mit Gleichgesinnten hätte ein Wir-Gefühl entwickelt, und als wichtiger Beitrag hätte die KünstlerGilde zwischen Einheimischen und Neubürgern vermittelt. Denn 12 Millionen Menschen wären nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Suche nach einer neuen Heimat gewesen. Ein hohes kulturelles Erbe wäre durch die Kräfte und Urbilder der Kunst gezeigt, und eine „Gemeinschaft in europäischem Maßstab gestiftet“ worden – so Drexler. Als Brückenbauer zwischen alter und neuer Heimat wäre die KünstlerGilde Verwirklicher des europäischen Gedankens. Bürgermeister Bertram Schiebel beglückwünschte seitens der Bürgerschaft und der Gemeinde das Geburtstagskind, das laut Drexler „Esslingen in die Welt getragen hat“ und somit eine internationale Reputation begründet habe.

Vielstimmigkeit

Zum Nachmittagsprogramm gehörten die Jahreshauptversammlung des Vereins, eine Lesung („Esslingen Slam“ betitelt) sowie zum krönenden Abschluss ein Konzert des Malinconia-Ensembles Stuttgart. Im Rahmen der Lesung haben die AutorInnen der KünstlerGilde Lyrik und Prosa vorgestellt und boten einen breiten Querschnitt der Vielfältigkeit und Vielstimmigkeit ihrer literarischen Texte. Josef Michaelis’ Gedichte erfuhren eine sehr herzliche Aufnahme. Seit 1954 existiert die Zeitschrift der KünstlerGilde Esslingen, die allseitig beliebt ist und regelmäßig über das Schaffen und die Aktivitäten des Vereins berichtet. Das 65-jährige Geburtstagskind soll erneut Beglückwünschung erfahren und das Budapester Publikum kann sich auf die baldige Präsentation der Esslingener KünstlerGilde im Haus der Ungarndeutschen freuen.
angie

NZ 22/2013


Vorsitzender Dr. Wolfgang Schulz und der ungarndeutsche Autor Josef Michaelis


Ákos Matzon vor seinem Bild in der Jubiläumsausstellung