Ugrás a tartalomhoz

Ein großer Freund und ein großzügiger Förderer der ungarndeutschen Literatur und Kunst Jochen Haufe ist gestorben

Es bricht und fällt ein Kelch der Tamariske.
Unendlich groß wächst danach Stille um uns her.
Da löst der Himmel sich von seinen Fernen,
verdoppelt sich im Meer
und schwimmt mit Mond und Sternen
auf uns zu.

Diese Zeilen stammen aus einem Gedicht von Jochen Haufe, der in der Traueranzeige als Dramaturg bezeichnet wird, den die ungarndeutschen Autoren als Literaturspezialisten kennen und schätzen gelernt haben.  Jochen Haufe ist am 29. Juni 2014 gestorben. Die Urnenbeisetzung fand am 17. Juli auf dem Bergfriedhof in Dresden-Cossebaude im Kreis der engsten Freunde statt. Er wollte nicht, dass Freunde vom VUdAK, den er als eine Art Heimat betrachtete, die Strapazen des weiten Weges zu seiner Beerdigung auf sich nehmen.
„Wir haben einen schönen langen Weg gemacht“, betonte immer wieder Jochen Haufe in Bezug auf die jahrzehntelange Zusammenarbeit mit den ungarndeutschen Autoren, die 1983 ihren Anfang nahm, als er im Auftrag der DDR-Regierung im Rahmen einer Vereinbarung zwischen den beiden Ländern das erste Mal am Literaturseminar der ungarndeutschen Autoren in Seksard mitwirkte. Der Literaturspezialist hat erfolgreich in der Bewegung „Schreibende Arbeiter“ gewirkt, hat dort bereits einige Autoren aus Ungarn persönlich kennen gelernt. Nun arbeitete er „behutsam und einfühlsam“ als Mentor der ungarndeutschen Autoren im Bereich Lyrik. Ab dem folgenden Jahr brachte er den für Prosa zuständigen Günter Glante mit zu den jährlichen Werkstattgesprächen, bei denen man „das Miteinander-Reden und -Arbeiten gelernt“ hat. Und auch wenn es am Anfang sogar tränenreichen Protest gegen die kritische Besprechung mancher Texte gab (Zeltner: Wir sind keine Schriftsteller!), waren die Autoren sehr froh, einen Gesprächspartner zu haben, der in langen Einzelgesprächen und bei gemeinsamen Textbesprechungen und sogar im Briefwechsel auf handwerkliche Unzulänglichkeiten hinwies und nicht Korrekturen empfahl, sondern die Autoren dazu brachte, selber draufzukommen, wo am Gedicht Nachbesserungen notwendig sind.

„Und wenn so weitergearbeitet wird an den Texten, so setzt allmählich die Erntezeit auf dem hektargroßen Gelände der ungarndeutschen Literatur ein“, meinte Haufe vier Jahre später beim Literaturseminar Harkány im Juni 1987. Diese angekündigte Erntezeit brachte zahlreiche Einzelbände und Anthologien ein. Und bei den Autoren, die mit ihm zusammenarbeiten konnten, sind seine Anregungen heute noch lebendig, wirken im Schaffensprozess nach.

Seine Mitwirkung an den Werkstattgesprächen überdauerte die DDR. Das Kuratorium zur kulturellen Unterstützung deutscher Minderheiten im Ausland sponserte eine Zeit lang seine Ungarnaufenthalte. Er wirkte an der Gründung des Verbandes Ungarndeutscher Autoren (1990) mit und begrüßte die Umstrukturierung in den Verband Ungarndeutscher Autoren und Künstler (1992). Er genoss sichtlich die Aufenthalte und die Vorbesprechungen in Budapest, er lernte zahlreiche ungarndeutsche Siedlungen (besonders Papa und Willand sind ihm in Erinnerung geblieben), die kulturellen Aktivitäten der Menschen kennen. Er schätzte das gute Essen, den Rotwein und die langen Gespräche in den Hotelzimmern, wo man  zusammensaß und sich über alles Mögliche austauschte.

Ab Ende der 90er kam er nicht mehr zu den Werkstattgesprächen. Baute mit seinem Freund eine erfolgreiche Firma auf und genoss das Anwesen in Cossebaude, das ein richtiges Zuhause geworden ist. Die Fäden zu den Ungarndeutschen rissen aber nicht ab, waren sogar so stark, dass er nach dem Tod seines Freundes 2011 VUdAK 50 000 Euro spendete als „Entwicklungshilfe für deutschsprachige Kunst und Künstler in Ungarn“.

In den letzten Jahren durfte ich ihn öfter in seinem Refugium besuchen und seinen Geschichten lauschen. Er erzählte immer wieder über sein Heimatdorf Hohenleipisch, wo er am 22. 03. 1928 geboren wurde. Über das ärmliche Elternhaus und die geliebten Eltern. Über den Vater, von dem er in einer Dorfchronik ein unbekanntes Foto fand. Über die heutige Goethe-Grundschule, in der er „die musisch-wissenschaftliche Grundausstattung“ für seinen Lebensweg bekam. Noch in diesem Frühjahr spendete er seiner ehemaligen Schule 50.000 Euro. Er erzählte über Lehrjahre in Wien, seine Studien der Geschichte, Germanistik, vor allem der Literatur, und die Aufbaujahre der DDR, an denen er als bekennender „Antifaschist“ aktiv teilnahm. Über die Zweifel, die aufkamen, und über die vielen Reisen, die nach der Wende ermöglicht wurden. Über seine Texte, die er zum großen Teil vernichtete. Einige Gedichte stellte er uns zur Verfügung. Er las, lobte und kritisierte die Neue Zeitung, gab weiter Anregungen für VUdAK-Publikationen und Veranstaltungen, war betroffen vom Tod des Graphikers Robert König und freute sich über neue Bücher, neue Vorhaben. Manches werden wir dank dem Jochen-Haufe-Legat verwirklichen können, denn zur großzügigen Spende von 2011 setzte er VUdAK als Erben seines Nachlasses ein.
Ich wollte ihn jetzt im August wieder besuchen… Er ruht auf dem herrlichen Bergfriedhof von Cossebaude. Lieber Jochen, wir werden dich in guter Erinnerung behalten.

Johann Schuth

NZ 33-34/2014


Drei Förderer der ungarndeutschen Literatur: Horst Lambrecht, Helmut Rudolf und Jochen Haufe bei der Fünfkirchner Begegnung 1992


Jochen Haufe, Johann Schuth und Günter Glante bei der 20-Jahre-Feier der Gründung der Literarischen Sektion im Fünfkirchner Haus der Künste