Dort drunt an der Donau
Robert König (1951 – 2014)
Im Alter von 63 Jahren ist Dr. habil DLA Robert König, Grafiker, Universitätsdozent a. D. am Grafiklehrstuhl der Universität der Bildenden Künste in Budapest, Gründungsmitglied des Verbandes Ungarndeutscher Autoren und Künstler (VUdAK) verstorben.
Es begann mit Illustrationen zu ungarndeutschen Literaturbüchern sowie zum Roman des Schriftstellers Márton Kalász „Winterlamm“, in dem das Schicksal der Ungarndeutschen in ungarischer Sprache literarisch bearbeitet wurde. Besonders verbunden war König dem südungarischen Städchen Bohl/Deutschboje, wo er als Kind bei den Großeltern immer wieder die Sommerferien verbrachte. Die Ausstellung „900 Jahre Gemeinde Bohl/Bóly in Südungarn“ und ein Riesensecco in der wiederhergestellten Mühle sind künstlerische Zeugnisse dieser Verbundenheit.
„Wir sind Menschen unterwegs: Unsere Ulmer Schachteln haben uns entlang des großen Flusses irgendwo ans Land geworfen, damit wir hier tun, was wir können, dass wir wachsen, gedeihen oder verderben. Diese Bilder erzählen uns diese Geschichte!“ – dies sagte Robert Becker, der Vorsitzende der VUdAK-Literatursektion, bei der feierlichen Präsentation der Wandmalereien von König in der Mühle von Deutschboje.
Unsere Geschichte bearbeitete Robert König in einer Kunstmappe. Für eine Ausstellungsreihe in Deutschland und Ungarn „Dort drunt an der Donau“ schuf der Künstler 22 Schwarz-Weiß-Linolschnitte, die den Beitrag der Deutschen zum Aufbau Ungarns zum Thema haben – von der Ansiedlung bis zur Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Grafiken hängen in mehreren Schulen, Begegnungsstätten und in Privatwohnungen und bereichern unser Wissen über unser Kulturerbe. Für diese Ausstellungsreihe und die Kunstmappe erhielt er 1999 den Hauptpreis des Donauschwäbischen Kulturpreises des Landes Baden-Württemberg.
Ihn beschäftigte auch die Katastrophe der Ungarndeutschen, die Vertreibung. Mit diesem dunklen Kapitel deutsch-ungarischer Geschichte setzte er sich in mehreren Ausstellungen auseinander. Zum Beispiel anlässlich der Einweihung des Landesdenkmals an die Vertreibung in Wudersch. Ein Höhepunkt war, als er auf Einladung von Parlamentspräsidentin Katalin Szili im Foyer des ehemaligen Oberhauses seine Grafiken zur Vertreibung ausstellte, die von den Teilnehmern der Gedenkkonferenz zu 60 Jahre Vertreibung mit großem Interesse aufgenommen wurden.
Zur Ausstellung „Die Ulmer Schachtel“ schrieb seine Frau Maria Lelkes: „Die Ulmer Schachtel transportierte seit dem 17. Jahrhundert die Kolonisten, die in der unbekannten Umgebung wieder ihren besonderen Lebensraum schufen, etwa so wie vielleicht Noah dies seinerzeit tun musste… Von der Arche Noahs flog zweimal die Taube auf. Zunächst vergebens, aber anschließend flog sie erneut weg und signalisierte am achten Tag mit einem Ölzweig im Schnabel, es existiert das Land, in dem die Hoffnung auf ein Weiterleben besteht.“
Robert König wurde am 3. November 1951 in Stuhlweißenburg geboren. 1975 erwarb er sein Diplom am Grafik-Lehrstuhl der Universität der Bildenden Künste in Budapest. Seitdem lehrte er dort als Meister der klassischen grafischen Verfahren. Er erforschte neue Möglichkeiten des Hochdrucks. Bedeutend ist sein Schaffen im Genre Wandmalerei. Mannigfaltige Themenwahl war für ihn kennzeichnend, organische Dynamik prägte seinen Stil. Eine starke Bindung hatte er zur archaischen deutschen Kultur und zum ungarndeutschen Kulturerbe. Seine diesbezüglichen Werke bauen sich organisch und charakteristisch in sein gesamtes grafisches Schaffen ein.
Robert König war ein international anerkannter Künstler. 1993 war er Gastdozent an der Königlichen Akademie in Den Haag. 2013 erhielt er den Munkácsy-Preis.
Nicht wissen, woher man kommt, bedeutet auch, den Weg in die Zukunft verloren zu haben. Das Werk von Robert König, das nun abgeschlossen ist, hilft uns, diesen Weg in die Zukunft nicht zu verlieren.
Robert König soll im Frühling auf dem Friedhof in Deutschboje neben seiner Frau die letzte Ruhe finden.
NZ 6/2014
Robert König mit seiner Frau Maria Lelkes 2003 im Ungarischen Kulturinstitut in Stuttgart
Foto: VUdAK-Archiv