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„Das Zweiglein brach ab“ Claus Klotz starb vor 25 Jahren

Es sind Momente, welche man nie wiederholen kann, es sind Minuten, die man nie zurückbringen kann. Mein Bruder Klotz Miklós, Claus Klotz (Foto) ist nun schon 25 Jahre nicht mehr bei uns. Er starb am 6. Juli 1990 in Berlin.
Ich stelle seit seinem Tod immer wieder die Frage: Warum? Ja, ich wiederhole es verzweifelt: Warum? Seit 25 Jahren sagt mir niemand, warum er nicht mehr lebt, warum er mit 43 Jahren sterben musste. Er könnte noch mit seinen 12 Enkelkindern „Hoppe, hoppe Reiter“ spielen. Sein Tod war umsonst. Er könnte noch immer unter uns sein und ruhig, lächelnd, ohne Schande existieren, wie die anderen, die so weiterleben.
Sein Tod bleibt ein Geheimnis, das ich nie lösen kann. Diese spitzen Stacheln, worüber ich in meinem Buch „Claus Klotz und seine Dichtung“ schrieb, stechen noch immer. Immer tiefer tun sie weh.
Zweifel gibt es noch immer an den Umständen seines Todes. Er hat es ja selbst geschildert: „Das Zweiglein brach ab. Niemand sah es, nur der Gärtner. Die Adern spritzten noch Blut zur Wunde, aber das Zweiglein wurde immer dürrer. Und der Gärtner war traurig.“
Er fehlt mir, er fehlt uns sehr. Aber warum diese tiefe Lücke? Viele Menschen kann man ersetzen, aber ihn nicht. Was er für uns, für seine Heimat, für das Ungarndeutschtum zuerst als Mitarbeiter, später als Sekretär des Verbandes der Deutschen in Ungarn leistete, kann niemand noch einmal tun. In der damaligen Zeit vor der Wende war sehr gefährlich, was er tat, wofür er lebte. Er hielt Reden, er konfrontierte sich mit der damaligen Regierung, er schrieb Artikel. Überall wirkte er mit: er kämpfte für den zweisprachigen Unterricht, für die bildende Kunst, für die Literatur, für die Muttersprache. Er war gegen die Assimilation. Er sehnte sich nach Harmonie, Liebe, Demokratie, Gerechtigkeit. Er fand überall nur Wände und Skeptizismus.
Schätzte man ihn? Ich glaube nicht ganz so, wie er es verdient hätte. Am Ende seines Lebens war er ganz allein, er litt sehr, aber niemand half ihm aus seiner Krise heraus. Er bat doch um Hilfe, aber es hörte ihn niemand an. Er schrie sogar, ganz laut, er telefonierte verzweifelt, aber es kam keine Antwort. „Braucht mich Ungarn noch?“ – fragte er. Nein, für seine damalige Heimat war er nicht mehr wichtig. Er beendete seinen Auftrag, so konnte er gehen. Er war damals in Berlin/Ost stellvertretender Direktor im Haus der Ungarischen Kultur.
Was er uns hinterließ? Sein ganzes Schaffen, das auch nicht nachzuholen ist. In seinem Vierzeiler „Poesie“ schrieb er:
„Mit Feder in der Hand
Im Fieberland
der Sehnsucht.
Kampf oder Flucht.“
Diese Zeilen berühren mich immer sehr, wenn ich sie lese. Hatte er wirklich nur die Flucht als Alternative? Vielleicht hätte er weiter kämpfen können. Vielleicht musste er flüchten, weil man ihn dazu gezwungen hatte. Am Ende konnte er die Dummheit der Welt nicht weiter ertragen. So war er nun einmal und damit einmalig. Klotz Miklós, wie er am 19. Mai 1947 das Licht der Welt erblickte, und Claus Klotz, als Streiter für das Ungarndeutschtum und als Dichter.
Wenn ich an sein Gedicht „Ahnerls Lied“ denke, erscheinen mir Bilder unserer Kindheit, meine Mutti, die uns in den Schlaf sang, und natürlich die tiefe Sorge für die Volksgruppe, wie es mein Bruder schilderte:
„ich sink bald in das Grab,
mit mir die deutsche Mär, das Wort,
sie finden dort den letzten Hort,
schlaf Kindchen, schlaf!“
Seine anderen Gedichte sind auch heute noch aktuell. Fast alle Zeilen hätte er auch jetzt schreiben können. „Mein Deutschtum“ könnte auch jetzt seine Selbstbiographie und zugleich sein Vermächtnis sein:
„mein deutschtum
hört ihr
hat einen weltpass“
Er flog mit seinem letzten Weltpass nach Ungarn, sein Deutschtum war seine Leiche.
25 Jahre vergingen so schnell wie ein Hauch. Heute wäre er erst 68 Jahre alt. Er fehlt mir so sehr. Ich kann sein Lächeln, seine klugen Augen, sein weiches Haar, seine Wärme, seinen Zorn, sein ganzes Wesen niemals vergessen. Mir fließen immer noch Tränen, wenn ich an ihn denke und seine Gedichte lese.
Schlaf wohl, Miki Pue!
Maria Klotz

Claus Klotz
Matthäus 23, 16-18

Wehe über uns, die wir gehorchten:
beim Tempel zu schwören ist nicht mehr schick.
Gold, Gold und Gold beglückt alleine.
Meine, deine und seine Goldtruhe.
Was machen wir aber mit dem Gold ohne das Heiligtum?
1985

Alle Texte von Claus Klotz wurden in der Anthologie „Erkenntnisse 2000“ (VUdAK, Budapest 2005) veröffentlicht. Zu beziehen über vudak15@gmail.hu oder www.neue-zeitung.hu/publikationen

Neue Zeitung 33-34/2015