Béla Szende zum 70.
Lieber Béla,
der Siebzigste am 15. März ist ein denkwürdiger Tag, zuförderst natürlich für Dich, Deine Familie und auch für Deine alten Freunde. Erinnern belebt das Gewesene, so fließen die Gedanken zu jener Zeit, als wir uns am Ende der sechziger Jahre in Fünfkirchen zum ersten Male begegneten, hofften wir vermutlich beide auf eine gediegene Gemeinsamkeit am deutschen Lehrstuhl der Pädagogischen Hochschule.
Im Rückblick auf jene und die späteren Jahre darf wohl gesagt werden, daß sich diese Hoffnung sowohl erfüllte wie auch später noch bewährte. Erinnerungen daran sind in uns beiden lebendig, gab es doch in der sich festigenden ungarndeutschen Entwicklung immer wieder Möglichkeiten der Mitwirkung bei vielen Gelegenheiten und Anlässen, zu denen sogar Ausflüge mit Studenten zählten, Literaturveranstaltungen mit Schriftstellern, nicht zu vergessen die Kostproben in den Weinbergen.
Dein Weg führte überdies zu unseren Studenten an die Martin-Luther-Universität nach Halle/S., wo sie zum ersten Male deutsche Germanistik außerhalb ihrer Heimat erlebten. Ich denke – um nur Weniges aus der Fülle aufzugreifen – neben unserer engen Zusammenarbeit am Lehrstuhl an jene, die zur Herausgabe der großen Anthologie „Jahresringe” (1983/4) führte, brachte sie uns durch die beiderseitige sachkritische Texterörterung der Wertung in ihren Abstufungen nahe. Sie wies auf Erreichtes und fürderhin noch Notwendiges, sie setzte damit Zeichen für das Künftige, das in den beiden Jahrzehnten danach literarisch erfolgreich erarbeitet wurde. Zwei Deiner Beiträge aus jener Zeit blieben mir besonders im Gedächtnis, gehen sie doch auf unser gemeinsames Anliegen der Fortentwicklung ungarndeutscher Literatur ein – „Status und Perspektiven” wandte sich Geschichtlichem wie Gegenwärtigem zu, der andere „Zur Aufnahme der ungarndeutschen Literatur in den deutschsprachigen Ländern” verwies auf heute noch wegweisende Gedanken für Notwendigkeiten. Sie aufzugreifen und in der bundesdeutsche Literaturwelt umzusetzen, sollte als Aufgabe nicht vergessen sein, zumal sich unsere Autoren schon berechtigterweise fragen, warum sie „draußen” eigentlich nicht beachtet werden.
Deine Betrachtungen und Aufsätze zu „25 Jahre Lehrstuhl Deutsch an der Hochschule Fünfkirchen”, „Den Wandel bewußt durchleben”, „Haus ohne Hüter” (Lenau-Haus) oder auch „Valeria Kochs Schaffen kritisch analytisch verinnerlichen” deuten auf Deine fachliche Vielseitigkeit und das nimmermüde Bestreben, dem Ungarndeutschtum zu Anerkennung und Beständigkeit zu verhelfen. Unsere gemeinsame Sinnerfüllung liegt in all jenen ehemaligen Studenten, die heute im Lande erfolgreich im pädagogischen Bereich arbeiten.
Damit ist längst nicht alles genannt, was Dein prall gefüllter Leistungskatalog ausweist, weder Deine wirkungsvolle Tätigkeit als Lahrstuhlleiter nach Prof. Karl Vargha, noch Deine Tätigkeit am Fünfkirchner deutschsprachigen Rundfunk oder als Vorsitzender des Demokratischen Verbandes der Ungarndeutschen. Arbeits- und erlebnisreich waren die Jahrzehnte, die immer wieder einmal tiefere Spuren hinterließen und Dich zur Ruhezeit zwangen. Daß Du sie überwinden konntest, ist Deiner Dich prägenden umsichtigen Leistungskraft zu danken.
Zu Deinem siebzigsten Geburtstag bleibt mir deshalb der ehrliche Wunsch, sie möge Dir fernerhin erhalten bleiben!
Meine herzlichen Glückwünsche, gute Gesundheit und Wohlergehen gemeinsam mit Deiner Familie
Helmut Rudolf
Béla Szende bei der Übernahme des Ungarndeutschen Medienspreises im Budapester Haus der Ungarndeutschen