Ákos Matzon – Gemälde und Objekte Ausstellung bei der KünstlerGilde Esslingen
In Esslingen sind Werke des ungarndeutschen Künstlers Ákos Matzon derzeit in der Galerie der KünstlerGilde zu sehen. Bei der Ausstellungseröffnung am 22. Juli begrüßte deren Vorsitzender Dr. Wolfgang Schulz die Gäste. Der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn und Unsere-Post-Chefredakteur Klaus J. Loderer informierte zu Leben und Werk des Künstlers. Nachfolgend veröffentlichen wir seine Einführungsrede.
Ákos Matzon liebt das Quadrat. Scheint hier das Architekturstudium durch? Ist es das Streben nach Ordnung? Imre Vörös stellte diese Ordnung in einer früheren Würdigung Matzons dem „laisser passer” gegenüber. Denn in der ewigen Ordnung des Quadrats geht es dann doch wieder ganz anders zu. Ein eigenes System findet man da. „Das Lob der Schräge”, titelte Imre Vörös 1997 treffend. Die durch die Schiefstellung entstehende Dynamik stelle eine Eruption dar.
Ákos Matzon ist seit 2005 Vorsitzender der Künstlersektion des Verbands Ungarndeutscher Autoren und Künstler und kuratiert engagiert dessen Ausstellungen. Erst kürzlich stellte er einen Querschnitt für die Ausstellungsserie „ZeiTräume” in Fünfkirchen, Ulm, Brüssel und Eupen zusammen.
Geboren wurde Ákos Matzon 1945 in Budapest – übrigens als Sohn des Bildhauers Frigyes Matzon. Nach der Ausbildung zum Bautechniker ist er erst einmal praktisch tätig. Da ihn die rein technische Tätigkeit aber nicht befriedigt, nimmt er ab 1963 privat Zeichenunterricht. Es folgt ein Studium der Architektur an der Technischen Universität Budapest und der Mihály-Pollack-Hochschule in Fünfkirchen (Pécs). Doch schließt er direkt den Besuch der Freien Kunstschule Budapest an. So hat er sich in den letzten 25 Jahren der Kunst verschrieben. 1986 fanden der Wechsel und die neue Orientierung statt. Als Stipendiat konnte er bereits in Rom und Stuttgart arbeiten. Im letzten Jahr wurde er mit dem Munkácsy-Preis ausgezeichnet – immerhin der renommierteste ungarische Kunstpreis.
Die Liste seiner Ausstellungen ist beachtlich. Seit der ersten Einzelausstellung im János-Xantus-Museum in Raab (Gyôr) 1990 folgten zahlreiche Präsentationen in Ungarn und Deutschland. Im Jahr 1998 ist erstmals eine Ausstellung in Deutschland zu sehen: und zwar in der Galerie der KünstlerGilde in Esslingen. Sie trug den Titel „Duos und Trios der freien Geometrie”. Das Collegium Hungaricum in Berlin zeigt seine Werke im Jahr 2000. 2004 ist dann eine Einzelausstellung im ungarischen Kulturinstitut in Stuttgart zu nennen. Im Herbst dieses Jahres steht eine Ausstellung der Budapest-Galerie an. Regelmäßig ist er bei den Präsentationen des Verbands Ungarndeutscher Autoren und Künstler vertreten.
Auch die Zahl der Publikationen über ihn ist beachtlich. An erster Stelle ist natürlich die große Monographie zu nennen, die 2004 in der Reihe der VUdAK-Bücher Kunst erschienen ist. Bereits 1997 wurde ein kleines quadratisches Heft veröffentlicht. Und auch die HAP Galeria hat 2009 einen kleinen Katalog herausgegeben. In zahlreichen Sammelwerken wird er erwähnt, etwa in der letztes Jahr erschienenen VUdAK-Gesamtdarstellung „ZeiTräume”.
In seinen klaren Formen und oft einfarbigen Bildern – rein oder fast rein weiß – kommt die ästhetische Schulung des Architekten durch. Nicht von ungefähr erinnern manche Bilder an verfremdete Gebäudegrundrisse oder Stadtpläne.
Gekippte Ebenen schaffen ein Spiel mit dem Gleichgewicht. Das Quadrat ist eindeutig das Lieblingsformat Ákos Matzons. Mit planerischer Exaktheit unterteilt er das Quadrat durch Raster. Schräge Raster erzeugen Dynamik. Gelegentlich streut er kleine Symbolfiguren in das Bild. Er legt sie auf die Kreuzungen der Gitterraster, in „Net 1″ ein schwarzes und ein weißes Symbol übereinander.
In der Reihe „Lichtspuren” ist das Grundformat orthogonal unterteilt. Feine Strukturen finden sich im fast monochromen Farbauftrag. Der genaue Blick zeigt feine Abtönungen derselben Farbe. Schlitze bilden harte Linien. Und sie werfen harte Schatten.
Und hier muß ein weiterer Aspekt eingeführt werden, nämlich die Dreidimensionalität. Denn bei vielen Werken Matzons greift das Genre „Bild” zu kurz. Müßte man nicht fast von einem Relief sprechen. Besonders in der Ausstellung in der kleinen aber ambitionierten HAP-Galerie in Budapest, einer privaten Galerie, deren bemerkenswerte Ausstellungen die ungarische Architektur beleuchten, wurde im Jahr 2009 dieser Schwerpunkt besonders deutlich. Im Bild „Pyramis” wähnt man nicht von ungefähr eine Pyramide zu erkennen. Hier sind tatsächlich Schichten aufgebaut, die harte Schatten werfen und so den räumlichen Effekt verstärken.
Matzon spielt gerne mit Sein und Schein. Ironische Details bilden die schmalen Spiegelstreifen, die er manchmal in seinen Bildern versteckt. Sie spiegeln die Umwelt und eventuell findet sich der Betrachter plötzlich im Bild und wird so in das Bildgeschehen einbezogen.
Für die Ausstellung in Esslingen hat Matzon 19 Arbeiten ausgewählt. Zwei im Matzon-Œuvre ungewöhnlich scheinende Arbeiten bilden den Einstieg: Das Bildpaar „Kaligraphien” rahmt ein Fenster. Eine etwas ostasiatisch anmutende Fantasieschrift ist auf einen schlanken Bildstreifen gelegt und kontrastiert mit geometrischen Elementen. Zwei Farbstreifen leiten über zu einem dreiteiligen Bildzyklus aus quadratischen Bildern, bei denen eben solche Farbstreifen als markante Elemente auftauchen und stark mit dem grauen Grund und dem ausgeklügeltes Linienraster kontrastieren. Das breit angelegte Format des Werks „Hansa” wurde von Matzon horizontal geteilt. Man erkennt Andeutungen eines Rasters. Entlang der horizontalen Teilungslinie sind farbige (und dann doch wieder weiß übermalte) Flächen aufgereiht, die fast wie eine Hochhaussilhouette anmuten – oder vielleicht auch wie eine Masse von Segelschiffen.
Den Blick fangen in der Ausstellung aber die fünf Bilder aus dem Zyklus „Ablakok” (Fenster), die eine ganze Wand einnehmen. In quadratischem Format sind orthogonale Systeme, Winkel, Linien und Flächen montiert. Die Systeme schweben im Format und sind leicht gekippt, wodurch sie eine besondere Dynamik erhalten. Durch die interne Kräfteverteilung der Linien entsteht aber wieder eine Balance. Fast immer bleibt die Mitte des Bilds frei – bildet ein Fenster in einen nicht zu ergründenden Raum. Matzon erklärt die Inspiration zu diesen Arbeiten durch die Musik von John Cage und die Bedeutung der Pause in dessen Werken. Bei diesem Zyklus beschränkt sich Matzon auf schwarze und weiße Flächen und Linien. Teilweise bilden unterschiedliche Oberfläche Kontraste oder aber das harte Nebeneinander von Schwarz und Weiß. Als ironisches Element sind wieder einmal kleine Spiegelstreifen eingearbeitet.
Einen witzigen Titel trägt der Zyklus „Schwalben und Backfische”, inspiriert durch einen Jugendroman von Alfred Ransome (1837-1904). Hier treffen Grundformen der Geometrie wie Kreise, Dreiecke, Quadrate und Linien aufeinander – einen Dialog zwischen Rationalität und Romantik führend.
Viele Arbeiten von Matzon muten wie Grundrisse oder Stadtpläne. Im Zyklus „Grundriss” nimmt er dies zum Bildtitel. Linien bilden ein labyrinthisches System und scheinen wie die unendliche Fortsetzung eines Grundrisses des Architekten Ludwig Mies van der Rohe aus den 1920er Jahren. Und noch eine literarisch vermittelte Inspiration finden wir: „Geheimer Garten” sind zwei schlanke Werke nach einem Werk des französischen Schriftstellers Hector Malot betitelt. Die Ausstellung schließt mit einem Werk in einer Vitrine: in „Treffpunkt” stoßen kleine geometrische Motive wie auf einem Schachbrett aneinander.
Die Ausstellung ist bis zum 10. September in der Galerie der KünstlerGilde, Esslingen, Hafenplatz
NZ 30/2011
Ákos Matzon, Dr. Wolfgang Schulz und Klaus J. Loderer